Brautstehlen und Gstanzl singen als Hochzeitsbrauch
Da ich ja doch schon einige Hochzeiten mitmachen durfte und auf meiner eigenen ein unvergessliches Brautverzahn miterleben durfte, nehme ich euch jetzt mit in ein kleines Einmaleins des original Mostviertler Brautverzahns.
Nur keine Scheu, ein Gstanzl anzustimmen.
Die Grundregel
Man muss schon ein bisschen aus der Komfortzone treten, wenn man die Initiative für das Brautstehlen ergreift. So gilt zum Beispiel, dass jene Hochzeitsgäste, die glauben, die Braut stehlen zu dürfen, mindestens 5 Lieder mit Text aus der Hand schütteln können und selbst laut und kräftig anstimmen müssen. Als erstes Lied, für das man so gut wie keinen Text können muss, empfiehlt sich:
„So a Braut, de griagn ma nimma. Sie lebe drei mal hoch. Mit ihrem Glanz und Schimmer, so a Braut de griagn ma nimma. So a Braut de griagn ma nimma, sie lebe 3 mal hoch, hoch, hoch, mit ihrem Glanz und Schimmer. So a Braut de griagn ma nimma.
Draum, trink amoi, sauf amoi, hollodario, trink amoi, sauf amoi hollodaro.“
Sämtliche Personengruppen können nun in dieses Lied eingesetzt werden (Freunde, Brautverzahra, Zubraut (Trauzeugin), Brauteltern, Nachbarn, etc.). Somit sind die ersten Minuten schon überbrückt und das Ziel des Brautverzahrers muss sein, alle Personengruppen eingebunden zu haben. Als nächstes empfiehlt sich das Monatelied. „Und wer im Jänner geboren ist…“ – das kennt dann doch fast jeder, der im Mostviertel heimisch ist.
Ein Hoch auf das Brautpaar!
Hochzeits-Gstanzl singen
Ein Gstanzl ist quasi das Must-have des Brautstehlens. Zum einen, weil jede Gstanzl Strophe solistisch vorgetragen wird und man trotzdem nervös ist, wenn man selbst aufsteht und ein Gstanzl zum Besten gibt. Aber auch hier gibt es ein paar Regeln, die man als richtiger Gstanzl-Singer beachten sollte.
Ja, es gibt auch Gstanzl, die wirklich schon aus der Mode gekommen und heutzutage keine Lacher mehr einbringen – zum Beispiel „Da Pforrer vo Neustift“. Am besten ist es natürlich, man denkt sich selbst eines passend zur Hochzeit aus. Sonst passen immer ein paar überlieferte Gstanzln, die absoluten Unterhaltungswert haben und Oma und Opa doch nicht gleich aus den Schlapfen heben:
„I hob de Schof augschaut, de Schof haum mi augschaut, i hob de Schof augschaut, do haumd Schof gschaut“ oder „Dem Pforrer vo Gmunden sei Frau ist verschwunden, im Wurschtsortiment, woas nu a Zeit laung präsent“ oder „ I dua wos i wü und i dua wos i sog, nur des ane des dua i, dass i xy zerst frog“ oder „Die Töchter von xy san edel und fein, de drahn si de Hoor, mit der Mistgabel ein“.
Das Lachen der anderen nach einem nach einem gelungenen Gstanzl ist das größte Lob, das man sich vorstellen kann. Nur Mut! Die Tonart ist egal und das Hollodario danach geht in jeder Tonart.
Aufstehen und mitmachen - nur so wird das Brautverzahn zur Gaudi!
Der Höhepunkt des Mostviertler Brautstehlens
Zum Schluss muss der Bräutigam seine Braut wieder zurückerobern.
Wenn der Bräutigam seine Braut erobert
Nun geht es um das Einlösen der Braut. Ein üblicher Brauch ist, dass bei der U-Tafel der Bräutigam von einem Tafelende und der Zubräutigam (Trauzeuge) vom anderen Tafelende hinaufklettern, beim Glas jedes Mannes einmal trinken und jeder Frau ein Bussi geben müssen. Leider nicht ganz coronakonform, aber ein Riesenspaß!
Ist er bei der Braut angekommen, muss er zehn Gründe nennen, warum er sie liebt. Der eine oder andere Grund kann auch mit Liegestütz kompensiert werden. All das darf auf keinen Fall zu lange dauern, kurz und knackig sollte es sein. Hier bietet sich noch eine Gstanzl-Runde mit „Solche Bräutigameltern griagn ma nimma“ an – diese sind nämlich oft erst jetzt dazu gekommen, um mitzusingen.
Zurück zur Hochzeitsgesellschaft
Bekanntlich soll man aufhören, wenn es am schönsten ist. Das gilt auch für das Brautverzahn, denn immerhin wartet noch die restliche Hochzeitsgesellschaft im Saal, dass die Brautleute wieder zurückkommen. Bei unserer Hochzeit habe ich mir damals gedacht, wir feiern einfach dort weiter, wo das Brautstehlen war. Kleinerer Saal, Bar auch vorhanden, DJ und Tanzfläche – gemma!
Dann war unsere Band six4two aber so gut, dass wir doch wieder in den Saal rauf sind (hier empfiehlt sich eine Polonaise) und dann sind wir erst eine Stunde später nach einem legendären Bandausklang wieder runter zur Bar. Da ist „im Moment leben“ angesagt. Und hoffentlich werden alle noch ganz lange von genau diesem Brautstehlen erzählen.
Nach dem Brautverzahn geht's wieder zurück zur Hochzeitsgesellschaft.
Fotocredits: Michael Föls, Schloss an der Eisenstrasse
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