Digital Detox in der Fastenzeit
Die Fastenzeit hat uns wieder und damit die Überlegung, das eigene Leben in "Saus und Braus" kurz mal in Frage zu stellen: brauchen wir all diese Genüsse wirklich, oder würde uns ein zeitweiser Verzicht vielleicht ganz gut tun?
Waren diese Überlegungen lange Zeit auf fleischliche Genüsse fokussiert, rückt die Idee des geistigen Verzichts immer näher, besonders der Sucht des permanenten Handykonsums zu entsagen. Auf Neudeutsch auch gerne Digital Detox genannt.
Das Smartphone hat uns ja bekanntlich voll im Griff, Häufigkeit und Dauer der Verwendung steigen seit vielen Jahren stetig an. Mittlerweile spricht man von 3 bis 4 Stunden pro Tag, aufgeteilt auf ca. 200 Mal 'Aufs-Handy-schauen'. Der überaus nützliche Computer im Hosensack hat sich zu einer wahren Geißel der Modernität entwickelt, einer wahren Deus ex Machina!
Das Smartphone hat uns ja bekanntlich voll im Griff, Häufigkeit und Dauer der Verwendung steigen seit vielen Jahren stetig an.Fasten ist für mich per se ja ein eher schwieriges Thema, weil aus der Ernährungslehre der Jo-Jo-Effekt ein all zu abschreckendes Beispiel darstellt. Wie verhält sich das mit dem zeitweisen Handyverzicht? Ist man dann umso süchtiger? Zeit also für einen Selbsttest: es ist schon ein wenig her, aber ich habe tatsächlich als 'quasi viel beschäftigter Selbständiger' 8 Wochen auf mein Smartphone verzichtet.
Vernichte dein Smartphone
Der Beginn war völlig ungeplant: im Zuge eines verspäteten Sommerurlaubs habe ich mit meiner lieben Gattin, dem Strand entlang flanierend eine vermeintlich seichte Flussmündung durchwatet. Dass sich mein damals völlig neues Smartphone in der seitlichen Hosentasche befindet, hatte ich dabei völlig vergessen, und schon war es im Wasser gebadet. Wie konnte ich mich herrlich über meine eigene Dummheit aufregen! Für den Urlaub war das Handy also Geschichte.
Was tut man dann, wenn so viel Zeit da ist und ständig der Finger juckt? Egal, wie oft ich das Handy in die Hand nahm, es funktionierte einfach nicht. Also, damit haben wir den ersten Tipp für das Digital Detox: vernichte dein Smartphone! Wetten, das hilft?!
Digital Detox im Urlaub - liest man deshalb mehr oder spricht man öfters mit dem Partner?Liest man deshalb im Urlaub mehr oder spricht man öfters mit dem Partner? Meiner Erfahrung nach nicht, weil Zeit in einem Sommer-Sand-und-Meer - Urlaub ja so wie so unendlich ist. Und wenn das Schatzi sein Handy nicht zeitgleich vernichtet, ist ohnehin keine Waffengleichheit gegeben!
Wieder zu Hause angekommen, wollte ich das Smartphone auf dem Heizkörper austrocknen, in der naiven Hoffnung, es wieder zum Leben zu erwecken. Außer einem zarten Zucken am Screen war allerdings nichts zu sehen. Nach ungefähr einer Woche begann ich dann schon ein wenig Gefallen an der Smartphone-losen Zeit zu finden. Es folgt also Tipp Nummer 2: sich zum Durchhalten zwingen oder selbst überlisten!
An meinem Arbeitsplatz fehlte mir das Smartphone überhaupt nicht, denn alle Funktionen waren ja am Laptop verfügbar. Natürlich mehrten sich mit der Zeit die Stimmen, warum man seine Mailbox nicht abhört oder überhaupt nicht mehr zurückruft. Überraschenderweise gewöhnt sich die Umgebung aber recht schnell daran, dass man nur mehr am Festnetz oder per Email erreichbar bist.
Selbstverständlich sollte auch ein Seminar oder Meeting handylos von statten gehen, leidet doch die Konzentration enorm von der Ablenkung, die der Blick auf das Smartphone unweigerlich bringt.
Ohne Smartphone im Alltag?
Viel schwieriger wird es, wenn man unterwegs ist. Es kommen einem dann völlig schräge Gedanken in den Sinn. Was ist, wenn ich mit dem Auto liegen bleibe? Kann ich dann überhaupt Hilfe holen? Darf man in der Stadt noch Menschen nach dem Weg fragen, wenn man sich verlaufen hat? Ein Smartphone wäre ja so praktisch!
In der Freizeit wird der Unterschied dann wirklich dramatisch. "Wie stelle ich jetzt meinen Wecker?" ist vermutlich noch das banalste Problem. Auf Social Media mit seinen Freunden Kontakt halten ist da schon wesentlich schwieriger. Aber gerade hier liegt ja auch die Chance: den Verführungen von Facebook, Instagram und Co. für eine Zeit lang zu entfliehen.
Der tägliche Verzicht, das Schaffen von handyfreien Phasen am Tag, könnte besser helfen als ein mehrwöchiges Fasten.Übrigens, nach 8 Wochen habe ich es nicht mehr ausgehalten und musste sofort in den nächsten Shop fahren, um mir auf der Stelle das teuerste Smartphone ohne jegliche Vergünstigung zu kaufen. Hauptsache, ich konnte endlich wieder telefonieren. Verrückt ist die Welt!
Hat mir diese Phase des Digital Detox nachhaltig geholfen? Ehrlich gesagt, ich glaube nicht. Meine tägliche Screentime liegt heute in etwa bei 1,5 Stunden pro Tag, das entspricht angeblich der Hälfte des durchschnittlichen Österreichers.
Über die Fastenzeit hinaus
Was könnte also besser helfen als ein mehrwöchiges Fasten? Mit Sicherheit der tägliche Verzicht, also das Schaffen von handyfreien Phasen am Tag, z.B. nicht nach 22 Uhr, oder nicht gleichzeitig beim Fernsehen, oder nicht im Schlafzimmer, oder nicht bei Essenszeiten, etc. Die Schmähs funktionieren also ähnlich wie beim "Rauchen-abgewöhnen"!
Es gibt übrigens Apps fürs Smartphone, die einem dabei helfen sollen. Hören Sie die Ironie?
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Fotocredits:
40 Tage Sendepause: Julia Büringer
Smartphone in der Hand: Johanna Meinschad
Frau am Fenster & Seminarfotos: Dominik Stixenberger
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