Ein Halbstarker auf dem Ybbstalradweg
Eigentlich eine Schande. Jetzt gibt es den Ybbstalradweg schon ein ganzes Jahr, von 40.000 Besuchern in den Himmel gelobt, und ich habe ihn noch nicht gesehen. Das sollte sich jetzt ändern. Dabei bin ich ein echter Anti-Radler, mit einem Pensum von maximal 50 Kilometern in den letzten 10 Jahren kumuliert, der es eher mit dem Laufen hat und selten aber doch den Golfschläger zum Schwingen bringt.
Wollte mich meine Frau noch ursprünglich mit dem E-Bike begleiten, so ist sie mir doch beim Start zur Seite gestanden um mir den Helm zu reichen. Moment! Da erinnere ich mich doch daran, wie mich mein Vater beim Kauf meines Mopeds vor vielen Jahren gefragt hat „Wofür brauchst du einen Helm?“. Das waren halt noch Männer! Nichts mit Herumlabern, da wurde einfach gestorben! Naja, mit den Jahren hat die Vernunft die eine oder andere männliche Gehirnzelle dann doch erfolgreich penetriert und so ist der Helm heute – Gott sei Dank – allgegenwärtig, nicht nur auf dem Motorrad. Und ich sah schon meine Mähne lässig im Fahrtwind flattern, Man(n) will ja schließlich gefallen! Aber nichts da, der Helm musste auf!
Johannes Scheiblauer vor der Radtour beim Hotel in Niederösterreich
Im letzten Moment vor der Abfahrt dreht sich meine liebe Frau noch kurz zu mir. „Willst nicht doch mit dem E-Bike fahren?“ Der Stolz meiner späten Jugend lässt mich diese Frage nicht einmal ignorieren. Das Rad will allein mit der rohen Kraft des Mannes bewegt werden! Und so startete ich bei leichtem Nieselregen vom Schloss an der Eisenstrasse, Richtung Süden entlang der Ybbs. Dem herrlichen Anblick konnte ich nur kurz frönen, packten mich gleich die ersten Zweifel. Werden meine Wadln das durchhalten? Und was ist mit meinem Allerwertesten? Rebellion ist wohl zu erwarten!
Das hilft alles nichts, jetzt wird erstmals geradelt. Der erste, und wie sich später herausstellte auch einzige Anstieg, kam gleich nach 2 Kilometern. Da habe ich mich im jugendlichen Leichtsinn gleich einmal herrlich verausgabt. Na, das kann ja heiter werden.
Der Ybbstalradweg im Mostviertel hat eine Gesamtlänge von 107 km
Aus Waidhofen raus folgten idyllische Passagen bis nach Opponitz mit herrlichen Plätzchen und Hinweisen auf Badestrände an der Ybbs. Jetzt finde ich es richtig schade, dass ich alleine unterwegs bin, wären wir doch schweigend (wer kann schon 3 Stunden lang reden!) gemächlich nebeneinander her geradelt wie zwei Turteltauben auf großer Fahrt. Im Tal, entlang der Ybbs, rechts und links die Berge teilweise steil hinaufragend, was für ein Anblick das ist! Da fällt mir auf, dass die Ybbs nicht mit, sondern gegen uns rinnt.
Der Intellektuelle in mir schreit gleich „gravitas, gravitatis – die Schwerkraft“ und schon sehe ich bildhaft meinen alten Lateinprofessor, wie er lobend auf seinen Schüler blickt. Ob mir das jemals widerfahren ist? Ich glaube kaum. Auch der Physiker meldet sich zu Wort, will er doch gleich den Schmackes (sprich Watt) berechnen, mit der ich die 300 Höhenmeter bis Lunz bezwingen werde. Aber dafür hätte ich wohl im Unterricht doch ein wenig aufpassen sollen. Der Blitzkneisser in mir ist diesbezüglich völlig denkbefreit. „Heast, da werden dir die Wadln aber brennen!“ ist so ziemlich alles, was ihm einfällt.
In Hollenstein gönne ich mir eine kleine Pause beim Schwarzlmüller, der nicht nur herrliche Hochzeitstorten für unsere Brautpaare zaubert, sondern auch sonst noch allerlei Köstlichkeiten feilbietet. Jetzt sind's ja nur mehr 30 Kilometer, da muss wohl noch eine zweite Pause eingeplant werden.
Romantische Plätzchen, Brücken und atemberaubende Blicke entlang des Ybbstalradweges
Der Ybbstalradweg bietet ja eine ganze Reihe von landschaftlichen Highlights, mit all seinen romantischen Brücken, Plätzchen und atemberaubenden Blicken auf die Ybbs. Subjektiv am besten gefällt mir die Passage zwischen Kogelsbach und Göstling, wo der Radweg majestätisch auf dem alten Bahndamm über Straße und Ybbs ragt. Kaum in Göstling angelangt, kann mein Körper die zweite Pause kaum mehr erwarten, will ich doch meinen Freund und Kollegen Rudi Scheiblechner heimsuchen. Was lese ich da mit Entsetzen an der Eingangstüre? Betriebsurlaub. Das darf ja nicht wahr sein!
So ging es Richtung Lunz, der zweiten Pause verwehrt, dem Ende entgegen und der Ehrgeiz mit mir durch. Kaum hatte ich auf der langen Zielgeraden einen Radler vor mir entdeckt, klemmte ich mich wie ein listiger Fuchs in seinen Windschatten, sodass es einem bis in die Haarspitzen gedopten Lance Armstrong Respekt abverlangt hätte. Und wie ich meinen Boliden so aus dem Windschatten zog, um zu einem fulminanten Überholmanöver anzusetzen, wurde ich auch schon durchschaut: der Nicht-überholt-werden-wollende zündete sofort den Turbo seines E-Bikes und so stürmten wir, Kopf an Kopf, durch die imaginäre flemme rouge der Töpperbrücke entgegen. Die Milchsäure schoss mir in die Schenkerln, dass es eine wahre Freude war. Aber dafür war keine Zeit, jetzt wurde gefightet. Wer im Photofinish dann die Nase vorne hatte, weiß ich nicht mehr so genau. War auch nicht so wichtig, wir blickten uns nur an, aus unser beider Gesichter der Spitzbub lachend.
Das Ende des Radausfluges nach 57 Kilometern bei herrlichem Sonnenschein in Lunz am See
Und so endet mein Radausflug nach 57 wunderschönen, völlig flachen Kilometern, bei herrlichem Sonnenschein auf der Seeterrasse in Lunz, wo mich meine Frau mit meinem absoluten Lieblingseis, einer heißen Liebe, in Empfang nimmt.
Ob mein Allerwertester morgen noch weiß, was ich ihm heute zugemutet habe? Ein bisschen schon. Meine Oberschenkel haben auch schon angedeutet, dass sie noch ein Wörtchen mit mir zu reden haben!
Was ist also das Fazit dieses Unterfangens? Der Ybbstalradweg bietet eine wunderbare Kulisse fĂĽr einen herrlichen Ausflug zu Rad fĂĽr einen oder sogar zwei Tage. Allen Halb- und Weniger-Starken unter uns sei versichert, Strom hilft, aber es geht auch ohne. Leicht!
Ybbstalradweg - Video (c) Cleanhill Studios
Zum Angebot "Ybbstalradweg" >>
Mehr zum Mostviertel >>
Zum Blog "Der Ybbstalradweg - Mitteleuropas schönster Radweg?" >>
Fotocredits
Landschaft mit Ybbstalradweg, Pärchen auf der Schlossterrasse: schwarz-koenig.at
alle anderen Fotos: Schlosshotel Eisenstrasse
Wollte mich meine Frau noch ursprünglich mit dem E-Bike begleiten, so ist sie mir doch beim Start zur Seite gestanden um mir den Helm zu reichen. Moment! Da erinnere ich mich doch daran, wie mich mein Vater beim Kauf meines Mopeds vor vielen Jahren gefragt hat „Wofür brauchst du einen Helm?“. Das waren halt noch Männer! Nichts mit Herumlabern, da wurde einfach gestorben! Naja, mit den Jahren hat die Vernunft die eine oder andere männliche Gehirnzelle dann doch erfolgreich penetriert und so ist der Helm heute – Gott sei Dank – allgegenwärtig, nicht nur auf dem Motorrad. Und ich sah schon meine Mähne lässig im Fahrtwind flattern, Man(n) will ja schließlich gefallen! Aber nichts da, der Helm musste auf!
Johannes Scheiblauer vor der Radtour beim Hotel in Niederösterreich
Im letzten Moment vor der Abfahrt dreht sich meine liebe Frau noch kurz zu mir. „Willst nicht doch mit dem E-Bike fahren?“ Der Stolz meiner späten Jugend lässt mich diese Frage nicht einmal ignorieren. Das Rad will allein mit der rohen Kraft des Mannes bewegt werden! Und so startete ich bei leichtem Nieselregen vom Schloss an der Eisenstrasse, Richtung Süden entlang der Ybbs. Dem herrlichen Anblick konnte ich nur kurz frönen, packten mich gleich die ersten Zweifel. Werden meine Wadln das durchhalten? Und was ist mit meinem Allerwertesten? Rebellion ist wohl zu erwarten!
Das hilft alles nichts, jetzt wird erstmals geradelt. Der erste, und wie sich später herausstellte auch einzige Anstieg, kam gleich nach 2 Kilometern. Da habe ich mich im jugendlichen Leichtsinn gleich einmal herrlich verausgabt. Na, das kann ja heiter werden.
Der Ybbstalradweg im Mostviertel hat eine Gesamtlänge von 107 km
Aus Waidhofen raus folgten idyllische Passagen bis nach Opponitz mit herrlichen Plätzchen und Hinweisen auf Badestrände an der Ybbs. Jetzt finde ich es richtig schade, dass ich alleine unterwegs bin, wären wir doch schweigend (wer kann schon 3 Stunden lang reden!) gemächlich nebeneinander her geradelt wie zwei Turteltauben auf großer Fahrt. Im Tal, entlang der Ybbs, rechts und links die Berge teilweise steil hinaufragend, was für ein Anblick das ist! Da fällt mir auf, dass die Ybbs nicht mit, sondern gegen uns rinnt.
Der Intellektuelle in mir schreit gleich „gravitas, gravitatis – die Schwerkraft“ und schon sehe ich bildhaft meinen alten Lateinprofessor, wie er lobend auf seinen Schüler blickt. Ob mir das jemals widerfahren ist? Ich glaube kaum. Auch der Physiker meldet sich zu Wort, will er doch gleich den Schmackes (sprich Watt) berechnen, mit der ich die 300 Höhenmeter bis Lunz bezwingen werde. Aber dafür hätte ich wohl im Unterricht doch ein wenig aufpassen sollen. Der Blitzkneisser in mir ist diesbezüglich völlig denkbefreit. „Heast, da werden dir die Wadln aber brennen!“ ist so ziemlich alles, was ihm einfällt.
In Hollenstein gönne ich mir eine kleine Pause beim Schwarzlmüller, der nicht nur herrliche Hochzeitstorten für unsere Brautpaare zaubert, sondern auch sonst noch allerlei Köstlichkeiten feilbietet. Jetzt sind's ja nur mehr 30 Kilometer, da muss wohl noch eine zweite Pause eingeplant werden.
Romantische Plätzchen, Brücken und atemberaubende Blicke entlang des Ybbstalradweges
Der Ybbstalradweg bietet ja eine ganze Reihe von landschaftlichen Highlights, mit all seinen romantischen Brücken, Plätzchen und atemberaubenden Blicken auf die Ybbs. Subjektiv am besten gefällt mir die Passage zwischen Kogelsbach und Göstling, wo der Radweg majestätisch auf dem alten Bahndamm über Straße und Ybbs ragt. Kaum in Göstling angelangt, kann mein Körper die zweite Pause kaum mehr erwarten, will ich doch meinen Freund und Kollegen Rudi Scheiblechner heimsuchen. Was lese ich da mit Entsetzen an der Eingangstüre? Betriebsurlaub. Das darf ja nicht wahr sein!
So ging es Richtung Lunz, der zweiten Pause verwehrt, dem Ende entgegen und der Ehrgeiz mit mir durch. Kaum hatte ich auf der langen Zielgeraden einen Radler vor mir entdeckt, klemmte ich mich wie ein listiger Fuchs in seinen Windschatten, sodass es einem bis in die Haarspitzen gedopten Lance Armstrong Respekt abverlangt hätte. Und wie ich meinen Boliden so aus dem Windschatten zog, um zu einem fulminanten Überholmanöver anzusetzen, wurde ich auch schon durchschaut: der Nicht-überholt-werden-wollende zündete sofort den Turbo seines E-Bikes und so stürmten wir, Kopf an Kopf, durch die imaginäre flemme rouge der Töpperbrücke entgegen. Die Milchsäure schoss mir in die Schenkerln, dass es eine wahre Freude war. Aber dafür war keine Zeit, jetzt wurde gefightet. Wer im Photofinish dann die Nase vorne hatte, weiß ich nicht mehr so genau. War auch nicht so wichtig, wir blickten uns nur an, aus unser beider Gesichter der Spitzbub lachend.
Das Ende des Radausfluges nach 57 Kilometern bei herrlichem Sonnenschein in Lunz am See
Und so endet mein Radausflug nach 57 wunderschönen, völlig flachen Kilometern, bei herrlichem Sonnenschein auf der Seeterrasse in Lunz, wo mich meine Frau mit meinem absoluten Lieblingseis, einer heißen Liebe, in Empfang nimmt.
Ob mein Allerwertester morgen noch weiß, was ich ihm heute zugemutet habe? Ein bisschen schon. Meine Oberschenkel haben auch schon angedeutet, dass sie noch ein Wörtchen mit mir zu reden haben!
Was ist also das Fazit dieses Unterfangens? Der Ybbstalradweg bietet eine wunderbare Kulisse fĂĽr einen herrlichen Ausflug zu Rad fĂĽr einen oder sogar zwei Tage. Allen Halb- und Weniger-Starken unter uns sei versichert, Strom hilft, aber es geht auch ohne. Leicht!
Ybbstalradweg - Video (c) Cleanhill Studios
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Fotocredits
Landschaft mit Ybbstalradweg, Pärchen auf der Schlossterrasse: schwarz-koenig.at
alle anderen Fotos: Schlosshotel Eisenstrasse