Ein Stadtgärtner wird zum Romeo
Von 6. bis 28. Juli finden in Waidhofen an der Ybbs bereits zum 65. Mal die Schlosshofspiele statt. Mit ‚Romeo und Julia‘ steht im Mostviertel heuer ein absoluter Weltklassiker auf dem Programm. Doch anders als Shakespeare, der das Liebespaar tragisch sterben lässt, dürfen in Michael Niavaranis Komödie die beiden weiterleben. Im Laufe des Stückes erfährt das Publikum, wie sich das Eheleben des ewigen Liebespaares nach 30 Jahren darstellt. Das Ganze ist auch irgendwie tragisch, aber durchaus komisch. Ich spreche mit Wolfgang Kettner, langjährigen Waidhofner Amateur-Schauspieler, Gemeindearbeiter, Bühnenbildner und diesjährigen Romeo.
Im Hof von Schloss Rothschild wird gebohrt, geschraubt und gehämmert. Mitten im Herzen von Waidhofen an der Ybbs entsteht – umringt von Türmen und einen Katzensprung vom Hotel entfernt - ein veronesisches Gebäude. Dessen Balkon gilt als wohl berühmtester der gesamten Weltliteratur. In wenigen Tagen wird genau dort die Premiere der diesjährigen 65. Schlosshofspiele über die Bühne gehen und auf dem Balkon wird Julia auf ihren geliebten Romeo warten. Oder doch nicht? Ich warte jedenfalls gerade auf den Waidhofner Romeo, meinen Interviewpartner, als plötzlich ein Fahrzeug der Stadtgemeinde im Hof von Schloss Rothschild ankommt. Einige Arbeiter steigen aus, unter ihnen Wolfgang Kettner.
Im Hof von Schloss Rothschild wird gebohrt & gehämmert - in Waidhofen an der Ybbs ensteht ein veronesisches Gebäude
Wolfgang Kettner: Einmal Landschaftsgärtner, einmal Romeo
"Romeo & Julia - Ohne Tod kein Happy End" von Michael Niavarani in Waidhofen an der Ybbs
Zum Angebot "Kunst & Genuss in zwei Schlössern">>
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Fotocredits:
Michael Tanzer
Im Hof von Schloss Rothschild wird gebohrt, geschraubt und gehämmert. Mitten im Herzen von Waidhofen an der Ybbs entsteht – umringt von Türmen und einen Katzensprung vom Hotel entfernt - ein veronesisches Gebäude. Dessen Balkon gilt als wohl berühmtester der gesamten Weltliteratur. In wenigen Tagen wird genau dort die Premiere der diesjährigen 65. Schlosshofspiele über die Bühne gehen und auf dem Balkon wird Julia auf ihren geliebten Romeo warten. Oder doch nicht? Ich warte jedenfalls gerade auf den Waidhofner Romeo, meinen Interviewpartner, als plötzlich ein Fahrzeug der Stadtgemeinde im Hof von Schloss Rothschild ankommt. Einige Arbeiter steigen aus, unter ihnen Wolfgang Kettner.
Im Hof von Schloss Rothschild wird gebohrt & gehämmert - in Waidhofen an der Ybbs ensteht ein veronesisches Gebäude
Von Waidhofen in eine andere Welt
Der hauptberufliche Landschaftsgärtner der Stadtgemeinde kommt von der morgendlichen Bauhofbesprechung. Er ist es auch, der bei den diesjährigen Schlosshofspielen den Romeo spielt und irgendwie für alles mitverantwortlich, von der Planung des Bühnenbildes bis zur Aufführung. Für ihn ist die Theaterluft etwas ganz Besonderes: „Wenn man das Publikum für zwei Stunden in eine andere Welt entführen und verzaubern kann, dann hat das für mich einen ganz besonderen Reiz. Und dazu gehört nicht nur eine gute Aufführung, sondern auch ein tolles Bühnenbild und die ganze Atmosphäre rund um das Theater“. Eine Waidhofner Besonderheit sind auch die zahlreichen Freiwilligen der Waidhofner Volksbühne – die sogenannten Gelbhemden‘, die im Hintergrund helfen und nach ihren charakteristischen gelben Poloshirts benannt sind.Wolfgang Kettner: Einmal Landschaftsgärtner, einmal Romeo
Einmal Landschaftsgärtner, einmal Romeo
In der Umkleidekabine erzählt mir der sympathische Waidhofner, umgeben von mittelalterlichen Kleidern, verschiedenfarbigen Perücken und Zinnkelchen, dass er ursprünglich eigentlich Priester werden wollte. Das mit dem Predigen wurde dann aber doch nichts. Stattdessen führte ihn sein Weg zur Post, wo er 30 Jahre Briefe zustellte, bis er die Ausbildung zum Landschaftsgärtner absolvierte. Über einen Freund hat es ihn zum Theater gezogen und die damalige Regisseurin der Schlosshofspiele brauchte zufällig einen jungen Geliebten. Für ein Theaterstück versteht sich natürlich. „Das passte perfekt für mich“, rekonstruiert Wolfgang seine Anfänge bei den Schlosshofspielen und lacht. An seiner klaren Artikulation merke ich gleich, dass ich jemanden vor mir habe, der im deutlichen Sprechen geübt ist. Sprech- und Schauspielkurse, Gesangsunterricht und Theateraufritte auf verschiedenen Bühnen im Mostviertel: So sieht im Groben die Kurzzusammenfassung von Wolfgangs schauspielerischem Weg aus."Romeo & Julia - Ohne Tod kein Happy End" von Michael Niavarani in Waidhofen an der Ybbs
Ehealltag beim ewigen Liebespaar
Das Spektrum der Waidhofner Theater-Amateure (für Wolfgang übrigens eine sehr passendes Wort, kommt doch das Wort ‚Amateur‘ vom Lateinischen ‚amor‘ und bedeutet so viel wie Liebe oder Leidenschaft) umfasst beinahe alle Arten von Stücken, heuer wurde es eben wieder einmal eine Komödie: „Wir servieren selten richtig schwere Kost. Außerdem wollen die Leute einfach mehr lachen. Deswegen waren unsere Stücke in den letzten Jahren eher lustig.“ Das beste Beispiel dafür ist die komödiantische Fortführung von ‚Romeo und Julia‘ aus der Hand von Michael Niavarani, die heuer in Waidhofen aufgeführt wird. „Unsere Version von Romeo und Julia spielt eigentlich 30 Jahre nachdem sich die beiden scheinbar umgebracht haben. Da die beiden aber – anders als in Shakespeares Originalversion – tatsächlich nur einen Schlaftrunk zu sich genommen haben, wachen sie wieder auf“, erklärt Wolfgang. Romeo und Julia, dieses Liebespaar, das in Shakespeare so tragisch stirbt, findet sich in Niavaranis Bearbeitung nach 3 Jahrzehnten im Ehealltag wieder, geplagt von Lustlosigkeit, Frust und Affären. Das volle Programm eben. Zu sehen bei den diesjährigen Schlosshofspielen in Waidhofen an der Ybbs.Zum Angebot "Kunst & Genuss in zwei Schlössern">>
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Michael Tanzer