Plädoyer für die Faulheit - Ein Morgen ohne Sorgen
Manche Wochen sind hart. Man buttert ordentlich rein und zum Dank erhält man Augenringe und Rückenschmerzen. Obwohl man fleißig von der eigenen To-Do Liste abarbeitet, werden die Sorgen aber dennoch nicht weniger - jeder Montag wird zur Bedrohung. Wir haben uns dieses Problems angenommen und Montage drastisch entschärft: Mithilfe gewagter Gedankenexperimente in der Wochentags-Alchemie ist es uns gelungen, die riskante Verschmelzung der Tage „Sonntag“ und „Montag“ herbeizuführen. Montage sind ab heute Wochenende - und zum Faulenzen da.
Um die komplexe Struktur des Kulturguts „Wochenende“ besser zu verstehen, müssen wir uns in die tiefsten Sphären des Faulseins begeben und unser innerstes Streben nach Gemütlichkeit erkennen.
Gegen den Uhrzeigersinn
Schließen Sie die Augen (aber lesen Sie weiter) und stellen Sie sich vor, Sie stehen am Times Square in New York bei Vollbetrieb. Gestresste Menschenscharen wälzen sich durch die Straßen, Leute reden wirr in Mobiltelefone, man wird angerempelt, der strömende Regen ist laut und vor allem kalt, weil Sie ja nicht wissen konnten, dass Sie einen Regenmantel bei dieser Gedankenreise brauchen würden.
Am Höhepunkt des turbulenten Geschehens drehen Sie den Regler für Realitätsgeschwindigkeit sanft, aber konstant, zurück. Greifen Sie dabei mit der Hand Ihrer Wahl nach einem kleinen Knopf vor Ihnen in der Luft und erfassen Sie diesen mit Zeigefinger und Daumen. Es ist Rush Hour und die Menschen laufen fast noch schneller kreuz und quer als normal. Rotieren Sie jetzt die Hand behutsam gegen den Uhrzeigersinn, um den Zeitregler zu bedienen. Beobachten Sie dabei genau, wie alle Menschen rund um Sie langsamer gehen, während Sie die Bewegung ausführen.
Mostviertler Motivation #1
Sie stehen nach wie vor im New Yorker Regen und die Tropfen fallen nicht mehr so schnell. Eine Frau mit roter Ledertasche wollte Sie soeben rechts überholen, aber friert quasi ex äquo neben Ihnen ein, als die Zeit langsamer wird. Schauen Sie sich um: Hat die Frau einen Kaugummi auf ihrer linken Schuhsohle? Ist ein Buchstabe der Leuchtreklame am Hotel vor Ihnen ausgefallen? Aus welchem Land kommen die Touristen neben Ihnen? Können Sie den fallenden Regentropfen nun ausweichen?
Stellen Sie sich nun grundsätzlichere Fragen: Warum laufen die Leute eigentlich kreuz und quer? Was wäre, wenn anstatt der vielen kleinen Regenschirme nur einzelne Leute ganz riesige Regenschirme hätten? Wie würde es aussehen, wenn alle den Platz rückwärts gehend überqueren müssten? Alles ist nun fast im Stillstand, die Zeit verrinnt so gemütlich, dass Sie die rhythmischen Bewegungen der Regentropfen verfolgen können. Es ist ruhig. Merken Sie sich diesen Moment, in dem Sie nichts und niemand aus der Ruhe bringen kann.
Die Lebenskunst des Faulenzens
Aufwachen! Nun widmen wir uns wieder dem Phänomen „Montag“: Wir sollten eigentlich einiges erledigen und wir haben wenig Zeit dafür. In unserer geistigen Gewissenszentrale geht es drunter und drüber: Mails, Anrufe, vergangene Versprechen und Termine, beleidigte Kundschaft, erwartungsvolle Vorgesetzte und Kolleg_innen machen uns Druck auf der Brust und drängen uns in den Aktionismus. Wir sind im Rückstand, wir müssen handeln, wir müssen etwas aufholen. Werden wir ewig „hinten“ sein?
Wer „vorne“ und wer „hinten“ ist, hängt freilich von der Betrachtungsweise ab. Die geübten Faulenzer haben das längst erkannt. Ihr Reich sind die sonnigen Balkons und die tiefen Fauteils. Sie meiden Strapazen und überfüllte Terminkalender und streben nach dem Zustand absoluter Gemütlichkeit – Vorsprung durch Liegenbleiben. Wenn sie etwas erreichen wollen, geben sie volle 70 Prozent. Wecker sind für sie ein Irrweg des 20. Jahrhunderts und den inneren Schweinehund sehen sie als hübschen Border Collie, mit dem sie täglich Gassi gehen.
Mostviertler Motivation #2
Der durchlauchte Faule ist ein fachkundiger Stratege, wenn es um Aufwandsminimierung im Alltag geht. Vergessen wir nicht die schöpferische Kraft des Müßiggangs, die wohl die wichtigsten Erfindungen der Menschheit geboren hat: Das Rad, um uns den Transport zu erleichtern. Der Buchdruck, um nicht mehr selbst schreiben zu müssen. Der Computer, um nicht mehr selbst rechnen zu müssen. Der lange Schuhlöffel, um sich nicht mehr unnötig bücken zu müssen.
Das Faulsein liegt uns im Blut. Unser Körper ist Meister darin, sämtliche Bewegungen und Abläufe mit minimalem Aufwand zu betreiben. Dabei steckt ein ausgeklügeltes System dahinter, wie vorhandene Ressourcen ökonomisch genutzt werden können. Man muss schon smart sein, um hohe Effizienz zu erreichen.
Wenn die Pulsuhr auf „Standby“ geht
Was hilft mir das alles am Montag – meine Arbeit nimmt mir ja doch niemand ab. Stopp! Stellen wir uns einen Montag vor. Nur dieses Mal keinen alltäglichen Montag – Sie wachen nämlich in einem großzügigen Hotelbett mit extra-flauschigen Kissen um etwa 10:00 Uhr auf. Nehmen wir ein komplett zufällig gewähltes Beispiel: Vielleicht ein Hotel in Niederösterreich? Sagen wir eine Location im Mostviertel? Möglicherweise sogar ein Schlosshotel in Waidhofen.
Sie sind übrigens aufgewacht, weil das Zimmerservice Ihnen Ihr Frühstück vorbeigebracht hat. Was heute am Plan steht? Hm, Sie haben irgendwann am Nachmittag mal eine Massage gebucht, sonst aber eher Faulenzen. Vielleicht etwas spazieren gehen. Schauen Sie dem Ybbsfluss beim Fließen zu. Oder zählen Sie die Türme in der Altstadt. Sie denken vielleicht Dinge wie: „Oh, ein Gänseblümchen!“, „Wie die Zeit vergeht!“, oder „Ich habe etwas Hunger“, aber mehr denken Sie nicht.
Mostviertler Motivation #3
Dabei passiert in Ihrem Kopf viel mehr, als Sie glauben. Sie haben vielleicht Ihre Alltagssorgen an der Rezeption abgegeben, aber bitte nicht Ihr Gehirn, denn das brauchen Sie jetzt am dringensten! Während Ihre Pulsuhr aus Langeweile auf „Standby“ geht, eröffnen sich unterbewusst viele persönliche und berufliche Fragen, die im täglichen Geschäft keinen Platz finden: Bin ich auf dem richtigen Weg? Was sind meine Prioritäten? Bei wem habe ich mich schon lange nicht mehr gemeldet?
Wenn Sie mitten in Waidhofen auf dem Steg über der Ybbs stehen, dann ist das wie der Times Square in Zeitlupe. Erinnern Sie sich, wie Sie die Geschwindigkeit dort heruntergedreht haben? Die Ruhe hat Ihnen den Überblick gegeben. Auch über dem Fluss fließt alles langsam voran und es gibt Ihnen Kraft und Rückenwind und zieht Sie nicht hintennach wie der turbulente Alltag mit einer Zugkraft wie ein Bernhardiner an der Leine, der 100 Meter vor ihm ein Würstel wittert.
Die Faulen werden die Ersten sein
Seien Sie an diesem Tag wie eine Schneeflocke – ja, schon individuell und so, aber lassen Sie sich hauptsächlich gemütlich fallen und herumtreiben in Wind – mit fantastischem Ausblick von oben. Schauen Sie ins „Narrenkastl“ - damit schauen Sie eigentlich in die Zukunft, weil Sie in sich selbst forschen können. Gehen Sie langsamer, dann können Sie Türen öffnen, an denen Sie sonst vorbeilaufen würden.
An Montagen funktioniert das Langsamsein am besten, weil da der Kontrast zur Außenwelt am höchsten ist. Daher bieten wir Ihnen an, genau diesen Tag bei uns im Haus mit dem Wochenende verschmelzen zu lassen. Verwechseln Sie bitte die neue Art des Montags (das heißt: Die Nicht-Existenz von ebendiesem) nicht mit „Flucht“ vom Alltag oder anderen Arten des Eskapismus. Wer den Stillstand provoziert, schiebt die Dinge nicht auf, sondern ist unter den Vorreitern: Sie werden immer unter den ersten sein, die sich die wichtigeren Fragen im Leben diese Woche schon gestellt haben.
Machen Sie blau und gönnen Sie sich einen entspannten Sonntag im Schloss in Niederösterreich >>