Viele Besuche wert: Das Haus der Wildnis in Lunz am See
Um das Naturjuwel Wildnisgebiet Dürrenstein-Lassingtal so vielen Menschen wie möglich näher bringen zu können, wurde ein einzigartiges Haus erschaffen, das uns zeigen soll, wie wunderbar und schützenswert unberührte Natur ist.
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Fotocredits:
Fotos mit Dr. Leditznig & Ramona Schmidt: Sandra Grafeneder
Wildnisgebiet Dürrenstein: Schlosshotel Eisenstrasse
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DEN GRÖßTEN URWALD MITTELEUROPAS SCHÜTZEN
Das Wildnisgebiet Dürrenstein-Lassingtal beherbergt den größten Urwald Mitteleuropas. Um dieses - seit der letzten Eiszeit vom Menschen unberührte - Fleckchen Erde und sein Ökosystem zu erhalten, ist es wichtig, diese Wildnis zu schonen. Das Gebiet wurde auch von der UNESCO zum ersten Weltnaturerbe Österreichs erklärt. Das Wildnisgebiet steht damit in einer Reihe mit dem Grand Canyon, den Galapagosinseln, den Dolomiten oder dem Great Barrier Reef. Unbeeinflusste, intakte Buchenwälder sind heute extrem rar geworden und der Zugang zum Gebiet ist stark begrenzt, teilweise sogar verboten. Daher gibt es nun das Haus der Wildnis in Lunz, das die einzigartige Gelegenheit bietet, den Urwald so realitätsnah und mitreißend wie möglich zu erleben.
Das Wildnisgebiet Dürrenstein-Lassingtal beherbergt den größten Urwald Mitteleuropas.
Das Wildnisgebiet Dürrenstein-Lassingtal beherbergt den größten Urwald Mitteleuropas.
DIE WILDE NATUR IN EIN HAUS GEHOLT
Schon beim Hinkommen bin ich sehr beeindruckt von der eigenwilligen Architektur des Hauses. Wie ich später erfahre, stellen die schiefen Dachflächen umgefallene Urwaldbäume dar, die ja so liegen bleiben dürfen, wie sie fallen. Auf die größte Dachfläche hat das Architektenbüro Maurer & Partner aus Hollabrunn auch eine Photovoltaikanlage montiert, was dem gesamten Entwurf nicht nur optisch, sondern auch in Bezug auf die Werte des Hauses, die Krone aufsetzt. Vor dem Haus gibt es einen etwas anderer Spielplatz, wo Kinder ihre tierisch wilden Seiten ausleben können.
Die wilde Natur in ein Haus geholt - das Haus der Wildnis in Lunz am See.
Die wilde Natur in ein Haus geholt - das Haus der Wildnis in Lunz am See.
MODERNSTE TECHNIK VERMITTELT WISSEN, UM URSPRÜNGLICHE NATUR ZU ERHALTEN
Im Inneren des Hauses merke ich gleich, dass es sich hier nicht um ein Museum handelt. Mit viel Liebe zum Detail (und vor allem zur Natur) wurden die einzelnen Stationen gestaltet. Ramona Schmidt, Wildbiologin und Leiterin des Hauses, präsentiert mir die vielen technischen Raffinessen, um das spannende Thema Wildnisgebiet Dürrenstein-Lassingtal für alle BesucherInnen zugänglich zu machen: Mit VR-Brille aus der Sicht eines Steinadlers über das Wildnisgebiet fliegen, via Touch-Screens ein lustiges Wissensspiel für die Kleinsten absolvieren, in der Urwaldkapsel mit VR-Brille den Wald erleben, fühlen und riechen, das gesamte Gebiet am Geländemodell mittels Tablet und Augmented Reality interaktiv erleben – das ist alles schon sehr beeindruckend. Auch ein Kino hat das Haus der Wildnis und einen großen gebogenen Raum, indem man mitten im (projizierten) Wald sitzt und das Wildnisgebiet im Wandel der Jahreszeiten erleben kann. Plötzlich stehe ich vor einer riesigen Video-Wall mit Waldlandschaft und mich mitten drinnen. Ein Käuzchen fliegt über meinen Kopf hinweg. Ramona Schmidt erklärt mir, je ruhiger ich mich verhalte, umso mehr Tiere tauchen auf der Wand um mich herum auf – wenn ich herumhüpfe, verschwinden sie wieder in ihren Verstecken.
Dr. Christoph Leditznig (Forsttechniker, Wildbiologe u. geschäftsführender Obmann des Schutzgebietes Dürrenstein) & Ramona Schmidt (Wildbiologin und Leiterin des Hauses).
Dr. Christoph Leditznig (Forsttechniker, Wildbiologe u. geschäftsführender Obmann des Schutzgebietes Dürrenstein) & Ramona Schmidt (Wildbiologin und Leiterin des Hauses).
KURZINTERVIEW MIT DR. CHRISTOPH LEDITZNIG
Warum ist das Haus der Wildnis so wichtig?
Bedrohliche Entwicklungen wie der Klimawandel und das Artensterben schreiten rasch voran. Nur wer mit eigenen Augen sieht und versteht, was wir mit unserem Handeln zerstören, kann Veränderung bewirken. Aufgrund der sensiblen Lebensräume samt seltener Tier- und Pflanzenarten im Wildnisgebiet, darf jedoch nur eine begrenzte Anzahl an geführten Exkursionen ins Gebiet stattfinden. Darum wollen wir mit diesem Haus die Wildnis zu den Leuten bringen und ökologisches Grundwissen vermitteln. Das Haus ist barrierefrei ausgeführt und somit für alle Menschen jeglicher Altersgruppe zugänglich. Ein Baum bleibt 1.000 Jahre im Ökosystem – da merken wir, wie klein wir Menschen sind… und wir schlägern Bäume mit 80 Jahren! Ich wünsche mir, dass diese Erkenntnis „Wir sind nur ein Teil des großen Ganzen“ bei ganz vielen Besuchern hängen bleibt… auch bei Menschen aus Politik und Wirtschaft… und dann kommende Entscheidungen mit einem anderen Bauchgefühl treffen.
Was sind Ihre Lieblings-Stationen im Haus der Wildnis?
Das Geländemodell mit Tablet, die Urwaldstation und der Jahreszeitenraum. Bei der Urwaldstation wird über LED-Streifen dargestellt, wie Bäume miteinander kommunizieren. Dies passiert über die Wurzeln mittels Botenstoffe und über die Krone mittels Duftstoffe. So sind in einem Wald alle Bäume miteinander verbunden. Die alten Bäume kümmern sich um die jungen und versorgen sie. Kommt der Borkenkäfer, informieren die Bäume die anderen über diese Bedrohung, die Bäume produzieren mehr Harz und wehren im besten Fall den Borkenkäfer damit ab. Der Jahreszeitenraum hat für mich eine ganz besondere Atmosphäre – hier komme ich zur Ruhe und kann Kraft tanken!
Modernste Technik vermittelt Wissen, um ursprüngliche Natur zu erhalten.
Modernste Technik vermittelt Wissen, um ursprüngliche Natur zu erhalten.
Das Wildnisgebiet ist UNESCO Weltnaturerbe. Was bedeutet das genau?
Das bedeutet, dass die Welt sich verpflichtet, diesen besonders schützenswerten Lebensraum den nächsten Generationen zu erhalten. Vorrang hat der Naturschutz und dem hat sich alles unterzuordnen. Der Mensch darf sich nicht einmischen: Wenn ein Sturm kommt oder Lawinen, bleiben die entwurzelten Bäume liegen. Wenn der Borkenkäfer kommt, darf er fressen. Das Wildnisgebiet ist ein intaktes Ökosystem – ohne Eingriffe vom Menschen, hat es nichts zu befürchten. Wir müssen der UNESCO laufend Berichte liefern. Falls wir Veränderungen vornehmen würden, würde der Titel „Weltnaturerbe“ wieder aberkannt werden – die sind da sehr streng. Erst vor kurzem wurde das Wildnisgebiet von den 3.500 auf 7.000 Hektar auf steirischer Seite erweitert. Das ist nun das größte Wald-Wildnisgebiet Mitteleuropas – nur Skandinavien hat auch ähnlich große Gebiete. Durch die dichte Besiedlung Mitteleuropas, ist es sehr schwer, dass so große Flächen zusammenhängend und mit einem gewissen Artengefüge noch möglich sind.
Was können Menschen tun, die das Haus der Wildnis in seinem Bestreben, dieses letzte Stück unberührte Natur zu schützen, unterstützen möchten?
Auf jeden Fall das Haus der Wildnis besuchen, sich interessante Infos holen, bei uns einen spannenden Tag mit der Familie erleben! Natürlich gibt es auf unserer Website auch viele Infos zu Spenden- und Unterstützungsmöglichkeiten. Wir sind für alles dankbar! Am wichtigsten ist natürlich, dass alle Besucher das Erfahrene mit nach Hause und in Ihr zukünftiges Tun mitnehmen. Das ist für mich der größte Erfolg und der Grund dafür, warum es das Haus der Wildnis überhaupt gibt.
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Fotos mit Dr. Leditznig & Ramona Schmidt: Sandra Grafeneder
Wildnisgebiet Dürrenstein: Schlosshotel Eisenstrasse
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